Lohnt sich ein erneuter Besuch in Christchurch im Süden Neuseelands? Diese Frage haben wir uns wirklich mehrmals gestellt, bevor wir beschlossen unseren herbstlichen Roadtrip doch in Christchurch zu starten. Vor allem meine liebe Frau war anfangs ein wenig skeptisch. Hatten wir doch eine ganze Menge über das heutige Christchurch gelesen und gehört, und fragten uns, ob ein erneuter Besuch sich wirklich lohnen würde. Zumal die Spuren des Erdbebens noch so offensichtlich sein sollten.
Christchurch im Herbst
Bereits direkt nach unserer abendlichen Ankunft in Christchurch Mitte April merkten wir, dass wir nun den Spätsommer der Nordinsel endgültig hinter uns gelassen hatten. Im Vergleich zum sehr feuchten Klima der letzten Tage in Auckland, empfang uns Christchurch mit kühlem, aber frischen Herbstwetter – eine Wohltat nach dem Schmuddelwetter der letzten Tage.

Ankunft Christchurch
Wir hatten uns für zwei Nächte in einem netten Hotel in der Nähe des Flughafens eingemietet, das wir mittels Hotelshuttle auch am Abend nach unserer Ankunft schnell erreichen konnten, und das auch nicht weit von der Campervermietung lag, von wo wir zwei Tage später unseren 30-tägigen Roadtrip starten wollten. Es gab ein hoteleigenes Restaurant mit recht gutem Essen, das wir der Einfachheit halber nutzten und auch eine Schwimmbad. Ins Zentrum der Stadt waren es cirka neun Kilometer, die man einfach mit dem Bus hätte zurücklegen können. Allerdings gab es in unserem Hotel die Möglichkeit, kostenlos Räder zu leihen, weshalb wir uns am darauffolgenden Morgen fahrradfahrend auf den Weg durch das herbstliche Christchurch machten.
Bitte links fahren – mit dem Fahrrad gar nicht so einfach
Nach vier Monaten in Neuseeland hatten wir uns schon komplett an den Linksverkehr gewöhnt. Allerdings waren wir noch nie mit dem Fahrrad auf der linken Seite unterwegs gewesen. Beim Autofahren wird man ja eigentlich immer daran erinnert, dass irgendwas anders ist, da man auf der für uns „falschen Seite“ sitzt und lenkt usw. Mit dem Fahrrad fällt diese Orientierung aber weg, so dass wir anfangs echt ein wenig unsicher waren. Dazu kamen noch die ungewohnten Fahrräder und Fahrradwege, die teilweise zwischen zwei Autospuren verliefen… so waren wir recht erleichtert, als wir unversehrt im Hagley Park ankamen und von dort fast nur noch über Parkwege zum Stadtzentrum weiterfahren konnten.

Und los geht’s – Christchurch wir kommen!

Christchurch mit Kindern – Das Linksfahren mit dem Fahren war anfangs gewöhnungsbedürftig…
Christchurch und die Erdbeben
Vor sieben Jahren waren wir zum ersten Mal in Christchurch. Damals sprach alles über das recht starke Erdbeben vom 4. September 2010, dessen Nachbeben auch bei unserer Ankunft gut vier Monate danach immer noch spürbar und vor allem messbar waren. Vor allem an den in Christchurch recht zahlreichen historischen Gebäuden konnte man die Ausmaße des Erdbebens erkennen.
Wenn wir damals geahnt hätten, dass es nur einen guten Monat später zu einem verheerenden Beben in der Stadt kommen würde, bei dem ein Großteil der Innenstadt zerstört würde und insgesamt 185 Menschen ihr Leben lassen mussten, vermutlich hätten wir nicht so ruhig geschlafen. Und vermutlich wären wir auch nicht so entspannt jeden Tag am Cathedral Square unterwegs gewesen. Als die Nachrichten vom Erdbeben über die Bildschirme flimmerten, waren wir gerade in Picton im Norden der Südinsel angekommen, von wo wir am nächsten Tag über die Cook Strait nach Wellington übersetzten.
Christchurch damals und heute
Noch bevor wir das Zentrum Christchurchs erreicht hatten, stießen wir bereits auf die ersten Überreste des Erdbebens von 2011, Plätze bzw. Grundstücke, die offensichtlich nicht mehr bebaut werden dürfen.
Der große Schock kam aber dann, als wir an am Cathedral Square ankamen und dort unsere Fahrräder parkten. Der zentrale Platz mit seiner dominierenden Kathedrale, der damals so voller Leben war, glich nun teilweise einer Baustelle und einem Art „Lost Place“. Der provisorisch wirkende Bauzaun um die verfallen Kathedrale waren schon ein sehr trauriger Anblick. Auch einige Gebäude um den Platz herum stehen offenbar seit damals immer noch leer und sind mit Bauzäunen abgesperrt. An was genau das liegt, wissen wir natürlich nicht.

Die Kathedrale von Christchurch im April 2018.
Eine Dame aus Christchurch, die wir dort trafen, erklärte uns, dass man um den eventuelle Wiederaufbau der Kathedrale viel gestritten hatte, sich aber nun endlich für eine Restaurierung entschieden habe. Sie erklärte uns, dass es an der bisherigen Bischöfin gelegen habe, die sich vehement gegen einem Wiederaufbau gewährt hätte. An jenem Tag im April aber sollte die Bischöfin abends offiziell verabschiedet werden, und somit sei der Weg frei für eine Renovierung der Kathedrale. Man kann nur wirklich hoffen, dass irgendetwas passiert, denn die jetzige Situation ist eigentlich nur deprimierend.

Cathedral Square 2011. Werden wir die Kathedrale jemals wieder so erleben dürfen?

Auch nach sieben Jahren sieht es hier teilweise noch aus wie in einer Geisterstadt.
Das neue Christchurch
Nur ein paar Schritte vom Cathedral Square entfernt liegt ein Christchurch, das uns wirklich völlig fremd war. Nichts stimmte mehr mit unserer Erinnerung überein. Straßenverläufe, Häuser, Parks, alles sah komplett anders aus – was die Ausmaße der Schäden sehr anschaulich machte.
Es gibt viele schöne neue Restaurants und Cafés, auch mit Aussicht auf den Avon River, der durch die Innenstadt von Christchurch fließt. Architektonisch hat man sich teilweise wirklich Mühe gegeben, und es wird immer noch an so vielen Stellen gebaut. Die vielen neuen modernen Gebäuden können trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass immer noch viele sehr zentral gelegenen Gebäude verlassen und zerstört sind. Und auch die großen Grünflächen bzw unbebauten Grundstücke sprechen eine deutliche Sprache und erinnern an die Geschehnisse vor gut sieben Jahren. Ob sich Christchurch jemals komplett davon erholen wird? Und vor allem, wie groß ist wohl die Gefahr für neue, starke Beben in der Zukunft?

Christchurch im Herbst – überall entstehen neue Straßen

Aber es gibt auch noch viele alte Gebäude, die seit dem Erdbeben vor sieben Jahren im Prinzip unberührt sind.

Die Erinnerungen an das Erdbeben im Februar in 2011 sind in Christchurch allgegenwärtig.
Christchurch mit Kindern – ein paar must-dos und must-sees
Wir hätten locker noch einen oder zwei Tage länger in Christchurch bleiben können. Aber auch an einem Tag kann man dort eine Menge sehen. Einige Dinge sollte man doch definitiv nicht verpassen.
Cardboard Cathedral – Kathedralenersatz
So traurig der Anblick der ursprünglichen Kathedrale im Zentrum Christchurchs im Moment ist, je mehr kann man sich an der vom japanischen Architekten Shigeru Ban entworfenen provisorischen Kathedral erfreuen – der Cardboard Cathedral. 21 Meter hoch und aus Pappröhren, Holz und Glas erbaut dient sie bereits seit 2013 als Ersatz für das vom Erdbeben zerstörte Original. Wenn man mit einer Architektin verheiratet ist, muss man sich schon manchmal einige seltsame Bauten anschauen, aber die Cardboard Cathedral kann ich mit gutem Gewissen jedem Christchurchbesucher ans Herz legen.

Cardboard Cathedral !!!
185 empty chairs
Nicht unweit der Cardboard Cathedral stehen 185 weiße Stühle, die 185 empty chairs oder auch 185 white empty chairs. Diese Kunstinstallation ist eher ein Mahnmal, das an die 185 Menschen erinnert, die am 22. Februar 2011 während des verheerenden Erdbebens ihr Leben lassen mussten. Exakt ein Jahr nach dem Erdbeben am 22. Februar 2012 wurde diese Installation eingeweiht. War sie anfangs eigentlich nicht als Dauerinstallation geplant, gibt es wohl inzwischen keine Pläne mehr, sie wieder zu entfernen.

185 empty chairs
Museumsstraßenbahn
Zwischen 1882 und 1954 fuhr in den Straßen regelmäßig eine Straßenbahn. Zuerst mit Pferden betrieben, später elektrisch. Seit Mitte der Neunziger Jahren fuhr man wieder mit einer Museumsstraßenbahn durch die Stadt.
2011 fuhr ich mit unseren zwei Kleinen auch eine Runde. Gut ein Monat später war dies erstmal für lange Zeit nicht mehr möglich.
Heute fährt sie aber wieder die alte Museumsstraßenbahn. Und seit 2015 ist die ursprüngliche Runde sogar noch um 1.4 Kilometer erweitert worden. Es gibt auch eine Art Straßenbahnmuseum, das von der Tramway Historical Society betrieben wird.
Richtige Straßenbahnfans können sich für $NZ100.00 (Stand Oktober 2018) an einem Tag zum Straßenbahnführer „ausbilden“ lassen. Kaffee, Lunch und eine Straßenbahn fahren zu dürfen inklusive! Und eine Urkunde gibt es am Ende wohl auch noch! Na, wenn das nichts ist?

2011 mussten wir natürlich eine Fahrt mit der Straßenbahn machen.

Die Straßenbahn 2018 – sie fährt wieder!
Margaret Mahy Playground
Wer mit Kindern in Christchurch unterwegs ist, kommt am bekannten Spielplatz Margaret Mahy Playground einfach nicht vorbei. Wir konnten das unseren Kindern natürlich auch nicht vorenthalten. Neuseeland ist ja für seine tollen Kinderspielplätze bekannt, und der Margaret Mahy Playground macht da keine Ausnahme. Hier können sich Kinder allen Alters ordentlich austoben. Wir waren an einem Sonntag da, und da war ordentlich was los. Uns Eltern blieb da am Ende nur noch der Weg zum nächsten Food oder Coffee Truck, um es sich dann mit seinem Flat White auf einer Bank bequem zu machen.
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Margret Mahy ist übrigens so etwas wie die neuseeländische Astrid Lindgren. Die Bücher der neuseeländische Kinderbuchautorin sind sogar ins Schwedische übersetzt worden.
Botanischer Garten
Hier haben wir bereits 2011 Jetlag-geplagt unsere ersten Tage in Neuseeland verbracht. Damals war es definitiv wärmer, und wir nutzten die Badestellen in diesem schönen Park. Aber auch im Herbst lohnt sich ein Besuch im Botanischen Garten bzw Te Māra Huaota o Waipapa wie die Maori ihn nennen. Zum Baden war es natürlich zu kalt, dafür durften wir die beginnenden herbstlichen Farben der alten Bäume im Park bestaunen, bevor wir an diesem Sonntagnachmittag wieder die neun Kilometer zu unserem Hotel zurück radelten.

Der Botanische Garten ist auch Anfang April sehenswert.
Christchurch mit dem Fahrrad erkunden
Für unsere eintägige Stadtexkursion war das Fahrrad das optimale Fortbewegungsmittel. So kam man schnell überall hin. Es machte Spaß und nach den ersten zwei, drei Kilometern war das Linksfahren auch kein Problem mehr. Außerdem gibt es in Christchurch eine Menge Fahrradwege, wo man sicher unterwegs sein kann.
Wir hatten Glück, dass es in unserem Hotel möglich war, Fahrräder zu leihen – sogar kostenfrei. Aber es gibt auch eine Menge Stellen in der Stadt, wo man sich relativ kostengünstig Fahrräder leihen kann. Einfach mal „bicycle christchurch nz“ googeln – Angebote gibt es genug!
Auf Wiedersehen Christchurch
Wir haben unseren kurzen Besuch im herbstlichen Christchurch sehr genossen. Letztendlich waren wir positiv überrascht und erlebten Christchurch als eine lebendige Stadt, auch wenn man überall an die Geschehnisse von 2011 erinnert wird.
Ich denke wir müssen auch noch ein dritte Mal nach Christchurch zurückkehren. Noch sind wir nicht richtig fertig mit dieser Stadt.

Herbstliches Christchurch am Avon River
Weitere Tipps für Christchurch mit Kindern findet ihr wie immer bei den Weltwunderern, unter anderem auch für Ausflüge in die nahe Umgebung, für die wir bei unserem letzten Besuch nicht wirklich Zeit hatten.