Heute vor vier Jahren fuhren wir mit unseren Kindern für 3 Monate durch Neuseeland. Die Reise begann in Christchurch, wo wir die ersten Tage verbrachten, um uns zu akklimatisieren. Deutlich konnte man die Spuren des Erdbebens vom September 2010 erkennen, das immerhin eine Stärke von 7,3 auf der Richterskala hatte. Vor allem an den historischen Gebäuden sah man, wo und in welchem Umfang das Erdbeben Schäden angerichtet hatte.
Die Besitzer des Motels, in dem wir die ersten Tage wohnten, erzählten uns von den vielen kleinen Nachbebeben, die jede Nacht die Erde unter der Stadt erzittern ließen, die wir aber beim besten Willen nicht spüren konnten (waren wohl durch das Jetlag so fertig, so dass wir tief und fest schliefen).
Als wir am 22. Februar bei Freunden in Richmond auf der Südinsel aufbrachen ahnten wir nicht, was dieser Tag für Christchurch und Neuseeland bringen würde. Gegen 14 h kamen wir in Picton an, von wo aus wir am nächsten Tag die Reise zur Nordinsel antreten wollten. Wir gingen in einen Geschäft, um uns die Zeit zu vertreiben, da es regnete, ein kleiner Fernseher lief im Hintergrund, und es dauerte eine Weile bis wir mitbekamen, was um 12:51 in und um Christchurch herum passiert war. Erst vor 5-6 Wochen waren wir noch Tage lange durch das Stadtzentrum gestreunt, hielten uns vor allem im Botanischen Garten und um die Kathedrale herum auf, die im Beben recht heftig zerstört wurde, waren wir auf den Mt Cavendish gefahren mit schöner Aussicht u a auf Lyttelton, von wo nicht unweit das Epizentrum des Bebens lag; irgendwie konnte man das gar nicht fassen. Wir waren in sicherer Entfernung, und doch irgendwie dem Geschehen doch so nahe.
In unserem Reisetagbuch von damals steht unter anderem „Kurz nach dem Mittagessen kamen wir in Picton an. Hier bekamen wir gegen 14.00 die Nachricht vom Erdbeben in Christchurch. Allerdings wurde uns erst gegen Abend klar, wie verheerend es gewesen ist. Schrecklich, die Bilder von allen Plätzen zu sehen, wo wir noch vor 5-6 Wochen viel Zeit verbracht haben.“ …. „…aber das Ausmass schien laut Internet erheblich zu sein, und wir dachten an alles, was wir dort gesehen hatten und die Leute aus Christchurch, die wir unterwegs kennengelernt hatten.“
Die Nacht verbrachten wir direkt am Fährhafen, da es früh morgens mit der Fähre losgehen sollte. Ich wachte gegen Mitternacht auf als mitten in der Nacht ein Fähre ankam und Polizei- und Rettungsfahrzeuge an unserem Camper vorbeirollten, vermutlich alle auf dem Weg nach Canterbury.
Am nächsten Tag in Wellington beobachteten wir viele Militärmaschinen, die offenbar Opfer und Touristen aus dem Krisengebiet ausflogen. Die Fernseher liefen natürlich überall und ständig, und das Ausmaß der Katastrophe offenbarte sich. Nach einer Woche oder so bekamen wir Kontakt zu unseren Vermietern im Motel und konnten sicherstellen, dass es ihnen gut ging, was eine Erleichterung war. Auch wurden natürlich alle zuhause nervös, aber zum Glück konnten wir alle recht schnell beruhigen.
Schwieriger war es einige Wochen später, am 11. März nach dem Beben im japanischen Tōhoku, nach dem auch für NZ eine Tsunamiwarnung ausgefertigt wurde, es aber nie zu einem solchen kam (nur die Gezeiten waren ein wenig extremer für ein paar Tage). Wir waren im Inland, weit weg von jeglicher Telekommunikation und wurden erst bei unserer Einfahrt nach Auckland per SMS von zuhause informiert, was eigentlich überhaupt geschehen war…
Schon vor der Reise hatten wir uns ein wenig Gedanken gemacht, wie groß wohl die Gefahr für eine Naturkatastrophe sein könnte. Von Freunden aus Gisborne wussten wir ja aus erster Hand, dass Erdbeben immer wieder mal vorkamen. Auch haben wir Eltern bei einer Reise auf die lparischen Inseln und Sizilien in der Zeit vor den Kindern bei einer Besteigung des Vulkans Stromboli die Naturkräfte hautnah erleben dürfen. Einige Tage später wurde die Insel evakuiert und der Flughafen in Catania auf Sizilien wurde gesperrt. Damals waren es nur einige wenige Tage, die uns zeitlich vom Ausbruch des Strombolis und des Etnas trennten.
In NZ dachte man schon immer wieder an Erdbeben und vor allem auch Tsunamis, wenn man direkt am Meer übernachtete. Einige Male erwachte ich (H) und stellte mir vor, was wohl passieren würde, wenn ein Tsunami käme, was man noch tun könnte, wenn überhaupt…
Tja, und da kann man sich ja die Frage stellen, ob man nicht lieber Reiseziele mit solchen potentiellen Gefahren meiden sollte… auf der anderen Seite spricht die Statistik doch eher schon für Reisen in potentielle Erdbebengebiete oder Fliegen statt fürs Autofahren, was um ein vielfaches gefährlicher ist.
Vor einigen Tagen habe ich einen Artikel in unserer lokalen Zeitung gelesen, den ich leider nicht aufgehoben habe (oder zum Glück?), der aber zeitgleich wohl in mehreren Zeitungen und Magazinen erschienen ist. In diesem Artikel ist von den drohenden Erdbeben in Istanbul und Los Angeles/San Francisco die Rede. Die Frage sei nicht, ob sondern wann diese Metropolen mit vielen Millionen Einwohnern erschüttern werden. Von mindestens 40.000 Toten im Fall von Istanbul war die Rede, und der ganze Artikel klang nicht so ermunternd… vor allem im Hinblick auf die Tatsache, dass sowohl der Flug nach Istanbul als auch der nach L.A. für dieses Jahr gebucht sind!
Muss mir nur einfach immer wieder die Statistiken bewusst machen, und hoffen, dass uns die Katastrophen erspart bleiben. Das Reisen wollen wir deswegen auf gar keinen Fall aufgeben!
Unsere Gedanken gehen aber an diesem heutigen Tag nach Christchurch und an die Menschen dort, die vieles oder gar alles verloren haben…